BIT Magazin: Warum sollten Unternehmen überhaupt etwas an ihren etablierten Kommunikationsprozessen ändern?
Jochen Maier: Viele Unternehmen sind auch im Jahr 2020 immer noch nicht in der Lage, mit ihren Kunden über moderne, digitale Kanäle zu kommunizieren. Teilweise werden eingehende E-Mails immer noch ausgedruckt, um sie dann per „Standard-Capture-Prozess“ wieder zu digitalisieren. Das ist teuer, belastet die Umwelt und kostet unnötig viel Zeit.
Auf der anderen Seite erwarten Kunden, kanalgerecht bedient zu werden: Wenn Sie eine E-Mail schreiben, wollen Sie auch eine Antwort per E-Mail, usw. Und genauso erwarten Kunden, dass alle Informationen über den aktuellen Geschäftsvorgang an allen Touchpoints zur Verfügung stehen: Per Brief & E-Mail, telefonisch, in der Filiale genauso wie in der APP. Kunden erwarten heute einfach, dass Ihre Ansprechpartner an jedem Touchpoint auskunftsfähig sind und ihre Anliegen schnell und kompetent bearbeitet werden.

Kundenkommunikation im digitalen Omnichannel-Zeitalter
BIT: Wie können Unternehmen diesen deutlich gesteigerten Kundenerwartungen gerecht werden.
Maier: An dem o.g. Beispiel wird deutlich, dass das immer noch verbreitete Silo-Denken am Ende ist. Dieses muss zuerst aufgebrochen werden: Unternehmen sollten nicht mehr von einer „Posteingang-Stelle“ und auf der anderen Seite von einem „Druckzentrum für den Postausgang“ sprechen, sondern diese Funktionen müssen in einem „Business Communication Center“ zusammengeführt werden. Dieser mentale und organisatorische Wandel muss natürlich von der entsprechenden Technik gestützt werden.
Hier sind die Anbieter gefordert, die singulären Lösungen für das Input und das Output Management zusammenzuführen. Interessanterweise kommen manche Anbieter auf diesem Weg bereits gut voran.
Einige Unternehmen können die Erwartungen Ihrer Endkunden bereits ziemlich gut bedienen – hier trennt sich gerade die Spreu vom Weizen. Unternehmen, welche diese Erwartungen nicht in absehbarer Zeit bedienen können, werden mittelfristig vom Markt verschwinden. Insbesondere jüngere Kunden bringen hier nur noch wenig Geduld auf und haben eine sehr hohe Wechselbereitschaft.
Kundenkommunikation: Aus Input und Output wird Business Communication Management
BIT: Ist Output Management noch der zeitgemäße Begriff?
Maier: Der Begriff „Output Management“ beschreibt den Prozess der Dokumentenproduktion und –logistik.

Kundenkommunikation im digitalen Omnichannel-Zeitalter
Betrachtet man die realen Kundenanforderungen, wird immer weniger zwischen der „Poststelle“ für den Posteingang und dem „Druckzentrum“ für die Dokumentenproduktion und -versand unterschieden. Vielmehr wünschen sich Kunden nach umfassenden Kommunikationslösungen, die sowohl „Input“ als auch „Output“ können.
Genau aus diesem Grund haben wir im Branchenverband Bitkom vor ein paar Monaten die beiden Arbeitskreise „Output Solutions“ und „E-Mail Management“ fusioniert. Der neu formierte Arbeitskreis „Business Communication Solutions“ (BCS) hat genau dies zum Ziel: Die Erarbeitung einer BCS-Architektur – von Input über Dokumentenverteilung bis Output als „Closed Loop“.
BIT: Wenn Sie über Business Communication Solution sprechen – was ist dann für Sie dabei die Kernkomponente?
Maier: Aus meiner Sicht sind u.a. diese Punkte entscheidend:
- Kunden benötigen ausgereifte Lösungen, welche die verschiedenen Anforderungen im Input- und Output-Management in einem Produkt bündeln. Das ist alles andere als trivial.
- Bestandsdaten müssen migriert und integriert werden – allein dies führt bei Großkunden zu sehr komplexen Projekten.
- Die künftige BCS-Architektur muss leicht um neue Kommunikationskanäle erweitert werden können. Denken Sie nur an Kanäle wie bspw. „WhatsApp“ – das hatte keiner der Anbieter vor 5 Jahren auf der Agenda. Es werden sicher in der nächsten Zeit weitere Kanäle hinzukommen, die wir heute noch gar nicht kennen. Ohne eine offene Lösung, mit der weitere Kanäle leicht hinzugefügt werden können, sind die Aufgaben der Zukunft nicht leistbar.
BIT: Was ist das Problem, dass die Unternehmen nach wie vor das Thema noch nicht ausreichend angehen?
Maier: Aus vielen Gesprächen wissen wir, dass Unternehmen natürlich die o.g. Probleme kennen und konkret nach Lösungsmöglichkeiten suchen. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir über einen großen Wandel sprechen: Von organisatorischen Änderungen (Stichwort: „Silodenken“) mit völlig neuen Strukturen und Verantwortlichkeiten, über die Entscheidung für eine BCS-Lösung, bis hin zur Migration/Integration tlw. extrem großer und komplexer Textbestände. Das kann nicht von heute auf morgen geschehen.
Insofern begrüße ich sehr, dass auf verschiedenen Fachforen dieses Thema sehr konstruktiv diskutiert wird. Dies trägt sicher zur Entscheidungsfindung bei.
BIT: Herr Maier, vielen Dank für dieses Interview
Das Interview führte Peter Kreuzer, BIT Magazin
Den Artikel im BIT Magazin, Ausgabe 2020-02 finden Sie HIER